Für die Zukunft junger Menschen – Ausrufung des Klimanotstands auch in Ingolstadt

In der Fridays-for-Future-Bewegung demonstrieren Schüler*innen nicht nur in Europa, sondern weltweit für den Erhalt einer lebenswerten Zukunft. Politiker werden aufgefordert, in der aktuellen Klima- und Umweltpolitik umzudenken und effektive Maßnahmen zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe zu ergreifen.

Die natürlichen Lebensgrundlagen brechen unter unseren Füßen weg. Deshalb müssen wir der Ökologie oberste Priorität in unserem Handeln geben. Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen, was umfassende wissenschaftliche Fakten belegen. Um mit Ernst Ulrich von Weizsäcker zu sprechen, der zum 50-jährigen Jubiläum der IFG in Ingolstadt war: „Wir sind dran!“

Als erste in Deutschland hat die Stadt Konstanz den Klimanotstand ausgerufen. Mit der Unterzeichnung dieser internationalen Erklärung erkennen politische Entscheidungsgremien die Klimakrise als Aufgabe von höchster Vordringlichkeit an und verpflichten sich, ihr Handeln an den Erkenntnissen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) auszurichten.

Wir von der Grünen Stadtratsfraktion haben jetzt beantragt, dass Ingolstadt diesem Vorbild folgt und ebenfalls den Klimanotstand ausruft.

Hier der Antrag im Wortlaut:

Ingolstadt, 7. Mai 2019

Antrag Klimanotstand Ingolstadt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

hiermit erhalten Sie unseren Antrag zur Ausrufung des Klimanotstandes in Ingolstadt.

Am Freitag, den 15. März 2019 demonstrierten deutschlandweit über 300.000 Menschen im Rahmen der Fridays-for-Future-Bewegung gegen die aktuelle Klima- und Umweltpolitik der Weltgemeinschaft, auch in Deutschland und Europa.

Auch in Ingolstadt gingen zahlreiche junge Menschen auf die Straße. Sie haben Vertreter*innen dieser jungen Menschen sogar auch persönlich empfangen. Die jungen Leute forderten und werden auch in Zukunft fordern, dass Bundestag und Bundesregierung sofort effektive Maßnahmen beschließen und diese konsequent durchsetzen, damit die drohende Klimakatastrophe abgewendet werden kann.

Die Schüler*innen sprechen aus, was uns allen längst bewusst sein sollte: Es ist höchste Zeit zu handeln. Der Mensch hat bereits einen Klimawandel mit irreversiblen Folgen verursacht, welche weltweit zu spüren sind. Die globale Durchschnittstemperatur ist gegenüber dem vor-industriellen Zeitalter schon heute um 1°C gestiegen, weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 280 ppm auf über 410 ppm angestiegen ist. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgas-Emissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren.

Der Klimawandel ist nicht nur ein Umweltproblem: Er ist ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Gesundheits- und Artenschutzproblem und eine Gefahr für den Frieden. So zeigt der aktuelle Bericht des UN-Weltbiodiversitätsrates zum Artensterben, dass der Mensch der Verursacher des sechsten Massensterbens der Arten zu werden droht, denn die Gesundheit der Ökosysteme verschlechtert sich schneller als je zuvor. Wissenschaftler*innen warnen immer dringlicher: Das Zeitfenster, das uns noch bleibt, um unsere Lebensgrundlage auf Dauer zu sichern, schließt sich rasant.

Das Tempo, das momentan beim Klimaschutz an den Tag gelegt wird, reicht bei Weitem nicht aus, um unseren jüngsten Mitbürger*innen eine sichere Zukunftsperspektive zu bieten. Im Sinne der Generationengerechtigkeit ist es deshalb zwingend erforderlich, schnellstmöglich große Emissionsreduktionen zu erreichen, bereits angehäufte Versäumnisse aufzuholen und kommenden Generationen ihre Handlungsspielräume zu bewahren.

Der Tag, an dem die Menge an natürlichen Ressourcen, die uns ökologisch für ein ganzes Jahr zur Verfügung stehen, aufgebraucht ist, war dieses Jahr in Deutschland schon am 3. Mai. Wir leben also jetzt bereits auf Kosten der Zukunft, der Zukunft der jungen Menschen, die uns dringlich auffordern, endlich wirksam zu handeln.

Es liegt in der Verantwortung der Kommune, ihre gesamte Gestaltungsmacht auszunutzen, um der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden und diese endlich als das zu behandeln, was sie ist: eine existentielle Krise.

Nach dem Vorbild vieler internationaler Kommunen und jüngst auch des Gemeinderates von Konstanz will der Stadtrat von Ingolstadt nun handeln.

Der Stadtrat von Ingolstadt

  1. erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an,
  2. erkennt, dass die bisherigen Maßnahmen und Planungen nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5° Celsius zu begrenzen,
  3. berücksichtigt ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidungen und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken,
  4. beschließt, dass er gemeinsam mit der Verwaltung bis Ende 2020 ein integriertes Klimaschutzkonzept (IKSK) erarbeitet und verabschiedet,
  5. fordert den Oberbürgermeister auf, dem Stadtrat und der Öffentlichkeit alle sechs Monate über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der CO2-Emissionen Bericht zu erstatten,
  6. fordert auch andere Kommunen, die Bundesländer und die Bundesrepublik Deutschland auf, den Klimanotstand auszurufen.

Der „Klimanotstand“ (engl. ‘climate emergency’) ist eine Erklärung politischer Entscheidungsgremien, bisher insbesondere in der Schweiz, im Vereinigten Königreich, Kanada, Australien und den Vereinigten Staaten von Amerika, die Erkenntnisse des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zur Grundlage politischer Entscheidungen zu machen und die Klimakrise öffentlich als Aufgabe höchster Priorität anzuerkennen. Die Erklärung dient dazu, alle Kräfte aus Politik und Bevölkerung zu bündeln, um gemeinsam sofortige und entschlossene Anstrengungen zum Klimaschutz zu leisten.

Es geht dabei also nicht nur um die daraus folgenden Entscheidungen des Stadtrates, sondern um einen breiten öffentlichen Aufruf zur Transformation unserer Stadtgesellschaft hin zu einem klimaneutralen und zukunftsfähigen Lebensstil.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Höbusch, Petra Kleine (Fraktionsvorsitzende), Barbara Leininger, Dr. Christoph Lauer