Ihre siebte Denkmalschutztour führte Dr. Sabine Weigand, Sprecherin für Denkmalschutz in der Grünen Fraktion im Bayerischen Landtag, nach Ingolstadt. Das Motto der diesjährigen Tour lautet „Die Kirche im Dorf lassen – Transformation sakraler Räume“. Immer mehr sakrale Gebäude werden nicht mehr für kirchliche Zwecke genutzt. Fachleute gehen mittlerweile davon aus, dass bis 2035 jede zweite Kirche leerstehen wird. In Bayern wären das über 2500 Gotteshäuser, davon rund 80% unter Denkmalschutz.
„Sakrale Räume sind Orte der Sinnstiftung und des sozialen Miteinanders“, erklärte Sabine Weigand. „Diese Entwicklung geht uns alle an.“ Sie ist überzeugt, dass es nur in einem gesamt-gesellschaftlichen Diskurs gelingen kann, neue Nutzungen für Kirchen zu finden. Ziel ihrer Tour ist es, sich einen Überblick über die Situation vor Ort zu verschaffen und praxistaugliche Ideen mitzunehmen, um die politische Debatte voranzutreiben.
In der Ingolstädter Innenstadt besuchte Weigand die Franziskanerkirche und die Sebastianskirche. Beide Kirchen sind aus Sicht der Diözese für das pastorale Leben „nicht mehr notwendig“. Bereits auf vorhergehenden Tourstationen zeigte sich, dass dieses Kriterium aus Sicht der katholischen Kirchenverwaltungen die einzig relevante Entscheidungsgrundlage darstellt.
Beide Kirchen spielen jedoch für die Gläubigen in Ingolstadt eine so große Rolle, dass sich Freundeskreise gebildet und auf den Fortbestand Einfluss genommen haben. Beide Kirchen sind in einem guten Zustand, insbesondere die 2022 sanierte Sebastianskirche, die sich in der Baulast der Stadt befindet. „Ich befürchte, dass die Fragen hinsichtlich der weiteren Nutzungen wiederkommen werden, wenn der nächste Sanierungsbedarf ansteht“, sagte Weigand. Eine wichtige Nutzunge werde an heißen Tagen wie diesen deutlich: „Innenstadtkirchen bieten hervorragende Möglichkeiten für kurze Pausen im Kühlen.“
Im Südosten der Stadt wurde anders vorgegangen. Bei den beiden Kirchen St. Monika und St. Augustin wurde mit großer öffentlicher Beteiligung ein Abwägungsprozess gestartet, um zu entscheiden, welche der Kirchen „verzichtbar“ ist. Josef Heinl, Abteilungsleiter Bau- und Stiftungswesen der Diözese Eichstätt, Alexander Bendzko, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft, und Kirchenpfleger Albert Schloderer informierten Weigand über das Vorhaben auf dem Gelände von St. Monika.
Zum Abschluss konnte die Besucherin aus dem Landtag die frisch sanierte Kirche St. Augustin begutachten, die am 26. Juli mit einem Gottesdienst eröffnet wird. Weigand ist sich sicher: „Die Katholiken in Ingolstadt können sich auf diese Kirche freuen. Mir gefällt besonders, dass der Altar nicht mehr herausgehoben auf einem Podest steht, sondern auf gleicher Höhe mit den Gläubigen.“ Die neue flexible Bestuhlung erlaubt zusätzliche Nutzungen und die Aufnahme von Elementen aus St. Monika wie Altar und Tabernakel zeigt den Respekt gegenüber der ehemaligen Nachbarkirche.
Weigand bedankte sich bei den Gastgebern: „Derartige schmerzvolle Abwägungsprozesse werden bei weiterhin abnehmenden Mitgliederzahlen überall in Bayern bei beiden großen Konfessionen kommen müssen. In Ingolstadt ist das aus meiner Sicht gut gelungen. Allerdings ist es in Städten immer leichter, gute Lösungen zu finden, als auf dem Land. Hier ist auch die Politik gefordert. Die Staatsregierung darf die Pfarreien, die Gläubigen und die Diözesen nicht alleine lassen.“